Es ist momentan nicht einfach den Überblick zur aktuellen Nachrichtenlage zu behalten. Da ist die Gefahr groß, dass die ein oder andere wichtige Meldung nicht den Raum erhält, den sie eigentlich benötigen würde. Zu eben diesen Meldungen gehört auch die Tatsache, dass sich der ungarische rechtsnationale Regierungschef Viktor Orbán durch ein Notstandsgesetz – offiziell natürlich in Reaktion auf die Ausbreitung des Coronavirus – quasi uneingeschränkte und unbegrenzte Regierungsmacht gesichert hat.
Orbán hat Ungarn schon in den letzten Jahren immer extremer regiert – sich gleichzeitig durch attraktive Maßnahmen immer wieder die Zustimmung der Bevölkerung erkauft. Doch das, was nun geschehen ist, gleicht einer Zäsur, die unter normalen Umständen vermutlich zu einem internationalen Aufschrei geführt hätte. Das nun durch das Parlament gebilligte Notstandsgesetz erlaubt es Orbán das Land ohne jede parlamentarische Kontrolle durch Verordnungen zu regieren – und das theoretisch auf unbegrenzte Zeit.
Das Parlament kann ab sofort keinen Einfluss mehr auf die Entscheidungen von Orbán nehmen – er hat komplett freie Hand. Das Notstandsgesetz ermöglicht ihm dabei auch massive Eingriffe in die Grundrechte der ungarischen Bevölkerung. Wahlen und Volksabstimmungen werden komplett ausgesetzt.
Auch die Verbreitung von „Falschnachrichten“ wird nun mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft – was besonders bei Journalisten für Aufruhr sorgt. Schließlich ist es am Ende wohl auch Orbán, der definiert, was eine Falschnachricht ist und was „tatsächlich“ wahr ist.
Durch das neue Gesetz wird auch die parlamentarische Kontrolle des Notstands ausser Kraft gesetzt. Normalerweise müsste dieser Zustand alle 15 Tage erneuert werden, doch nun muss diese Beendigung de facto von der Regierung Orbán kommen, um tatsächlich umgesetzt werden zu können.
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