Leben wir in einer egoistischen, selbstzentrierten Welt oder sind wir gesellschaftlich doch längst einen Schritt weiter und achten besser aufeinander, als wir es eigentlich denken würden? Mit dieser Frage startete Autor und Historiker Rutger Bregman seinen Vortrag auf dem diesjährigen Nordic Business Forum in Helsinki. Seine Einschätzung zu dieser Frage, die auf den Erkenntnissen aus diversen Studien beruht, kommt für die meisten Teilnehmer überraschend: Im Grunde sind wir gar nicht so schlecht darin, aufeinander zu aufzupassen, eigentlich hat sich die Menschheit immer weiter zum Guten entwickelt. Es gibt also Grund für Optimismus – auch (oder gerade?) in diesen turbulenten, unübersichtlichen Zeiten, in denen wir von einer Krise in die nächste zu rauschen scheinen.
Zwei Jahre lang musste das Nordic Business Forum in seiner Offline-Version bedingt durch die Pandemie aussetzen. Kein Wunder also, dass die rund 7.000 Teilnehmer es kaum erwarten konnten und zahlreich physisch am 20. und 21. September 2022 teilgenommen haben. Das Lineup war, wie gewohnt, beeindruckend kurartiert – und macht Mut, dass die Zukunft vielleicht doch besser werden könnte, als es Dystopien und gegenwärtige Entwicklungen vermuten lassen würden. Die INSEAD-Professorin und Autorin Erin Meyer gab augenöffnende Einblicke in ihre „Culture Map“ und erklärte, warum wir bei all der Globalisierung kulturelle Unterschiede in unserem Handeln nicht ausser Acht lassen sollten. Jitske Kramer, Anthropologin, plädierte für mehr Offenheit und Liebe im Umgang miteinander und Harvard-Professorin Amy Edmondson machte deutlich, warum „Fearless Organizations“ so wichtig sind, um erfolgreich in die Zukunft gehen zu können.
Mit Mut und Entschlossenheit durch die Krise(n)
Den Abschluss des ersten Tages machte der norwegische Unternehmer, Milliardär und Tausendsassa Petter Stordalen mit einem motivierenden, emotionsgeladenem und mitreissenden Bericht über seinen Umgang mit der Pandemie. Als diese ausbrach, feierte seine Investmentholding Strawberry Group und insbesondere seine Hotelgruppe Nordic Choice Hotels einen wirtschaftlichen Rekord nach dem anderen. Nur sein frühzeitiges, entschlossenes und mutiges Handeln konnte sein Lebenswerk letztlich retten.
Am zweiten Tag kam dann ein Programmpunkt, den sicherlich die meisten Teilnehmer als Highlight bezeichnen würden: Yuval Noah Harari, Bestseller-Autor und Historiker, sprach über die wichtigsten Fähigkeiten für die Zukunft des Arbeitens. Wir müssen darüber nachdenken, welche Tätigkeiten wir Menschen künftig noch selbst machen. Und wir müssen uns darauf vorbereiten. Sollten wir darauf keine Antworten finden, müssen wir Kriege, Aufstände und extreme politische Entwicklungen fürchten, die letztlich zur Auslöschung der Menschheit führen könnten, warnt Harari. Um fit für die Zukunft zu sein, müssen wir uns immer wieder neu erfinden, immer wieder neu lernen und uns anpassen, um relevant zu bleiben. Dabei sollten wir aber nicht nur in Technologie und AI investieren, meint Harari. Die weitere Erforschung des menschlichen Gehirns und seiner Fähigkeiten ist mindestens genauso wichtig.
Den Abschluss machte schließlich Nobelpreisträger und Ökonom Joseph Stiglitz mit einem Beitrag über den gegenwärtigen Zustand unserer globalen Wirtschaft, die sich wohl mittelfristig darauf einstellen muss, weitestgehend ohne Russland und China auszukommen – mit noch ungeahnten Folgen für den kaum darauf vorbereiteten Westen.
Fotoquelle: Nordic Business Forum