Marc Fuchs und Mikael Nylund von Gofore

Mikael Nylund und Marc Fuchs: Wie digitalisieren wir die öffentliche Verwaltung?

Nordische Impulse für Deutschlands digitalen Aufbruch

Deutschland tut sich schwer mit der digitalen Transformation, besonders im öffentlichen Sektor. Während Finnland längst als Vorreiter gilt, hinken viele Regionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz hinterher. Doch Unternehmen wie Gofore, die über umfangreiche Erfahrungen aus den Nordics verfügen, könnten dies ändern. Mikael Nylund, CEO von Gofore, und Marc Fuchs, Leiter der DACH-Region, geben einen Einblick, wie digitale Lösungen in der öffentlichen Verwaltung erfolgreich umgesetzt werden können und welche Hürden dafür noch zu überwinden sind.

Vom Vorreiter zum Vorbild: Finnlands digitale Vorherrschaft

Finnland hat sich durch innovative Ansätze zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung als Vorreiter etabliert. Das Land nutzt digitale Technologien, um das Leben seiner Bürger zu erleichtern, wobei Vertrauen und Transparenz eine Schlüsselrolle spielen. „In Finnland gibt es eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz und Vertrauen in die öffentliche Verwaltung“, erklärt Mikael Nylund. „Diese Vertrauensbasis ermöglicht es uns, innovative Lösungen schneller umzusetzen und zeigt den Menschen den Mehrwert der Digitalisierung auf.“

Vertrauen ist der Schlüssel zur Digitalisierung – ohne Vertrauen der Bürger in den Staat können keine erfolgreichen digitalen Lösungen entstehen.

Mikael Nylund

In Deutschland gestaltet sich dieser Prozess aufgrund historisch bedingter Zurückhaltung und einer komplexen, föderalen Struktur deutlich schwieriger. „Wir haben eine komplizierte Struktur mit vielen verschiedenen Ebenen, was die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten oft verzögert“, sagt Marc Fuchs. Dennoch sieht er Potenzial, dass Deutschland von den Erfahrungen nordischer Länder lernen kann. „Es ist wichtig, dass wir nicht nur das übernehmen, was in anderen Ländern funktioniert hat, sondern auch unsere eigenen Wege finden, um digitale Lösungen in bestehende Systeme zu integrieren.“

Herausforderungen und Chancen in der DACH-Region

Die DACH-Region bietet durch ihre wirtschaftliche Stärke und den hohen Standard an Verwaltungsstrukturen sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Gofore verfolgt einen strategischen Ansatz, um die digitale Transformation in Deutschland, Österreich und der Schweiz voranzutreiben. „Es geht nicht nur darum, bestehende Prozesse zu digitalisieren“, erklärt Nylund, „sondern darum, diese Prozesse neu zu denken und innovative, nutzerzentrierte Lösungen zu schaffen.“

Einer der zentralen Punkte, den Nylund und Fuchs betonen, ist die Notwendigkeit einer starken Dateninfrastruktur. Datenqualität und -zugänglichkeit sind entscheidende Faktoren für die Implementierung digitaler Dienste. „Wir befinden uns erst am Anfang“, sagt Fuchs. „Viele Daten sind nicht in einem Format, das sich einfach für digitale Lösungen nutzen lässt. Hier bedarf es einer klaren Strategie, um Daten zu standardisieren und für verschiedene Anwendungsfälle nutzbar zu machen.“

Die Einführung einer einheitlichen digitalen Identität, die in ganz Europa nutzbar ist, ist ein weiterer Punkt, der dringend vorangetrieben werden sollte. Dies würde nicht nur die Bürger entlasten, sondern auch zahlreiche Verwaltungsprozesse erheblich beschleunigen. „Wir sind noch nicht dort, wo wir sein könnten“, räumt Nylund ein, „aber die Diskussionen und ersten Schritte in diese Richtung sind ermutigend.“

Strategie für die Zukunft: Kooperation und Agilität

Einer der großen Vorteile, den der deutschsprachige Raum hat, ist die Möglichkeit, von den Erfolgen anderer europäischer Länder zu lernen. Der finnische Ansatz, in kleinen, agilen Schritten vorzugehen und dabei auf nutzerzentrierte Prozesse zu setzen, könnte ein Modell für Deutschland sein. „Wir sollten die skandinavische Agilität mit der deutschen Präzision kombinieren“, schlägt Fuchs vor. Ein solcher hybrider Ansatz könnte helfen, die bestehenden Strukturen nicht nur zu digitalisieren, sondern nachhaltig zu verbessern.

Es geht nicht nur darum, Technologie einzuführen, sondern darum, das Leben der Menschen wirklich zu verbessern.

Mikael Nylund

Die Bereitschaft zur Kooperation und der Wille, voneinander zu lernen, sind dabei entscheidende Faktoren. „Wir sehen, dass es immer mehr Austausch gibt, sowohl auf europäischer Ebene als auch zwischen einzelnen Ländern“, so Nylund. „Der Aufbau gemeinsamer digitaler Infrastrukturen ist ein wichtiger Schritt, um in der globalen digitalen Landschaft wettbewerbsfähig zu bleiben.“

Im Rahmen der digitalen Transformation geht es nicht nur um Technologie, sondern auch um die Schaffung eines ganzheitlichen Systems, das für alle Beteiligten funktioniert. „Das Verständnis der Bürger und die Akzeptanz sind zentrale Bausteine für den Erfolg“, betont Fuchs. Ein zentralisiertes digitales Identitätssystem, wie es in Finnland und Estland bereits existiert, könnte das Vertrauen in die Verwaltung auch in der DACH-Region stärken und so den Weg für umfassendere digitale Lösungen ebnen.

Der europäische Weg: Eine Balance zwischen Technologie und Ethik

Die Zukunft der digitalen Transformation in Europa liegt in der Balance zwischen technischen Innovationen und ethischen Grundsätzen. „Wir dürfen uns nicht zu sehr von den USA oder China beeinflussen lassen“, mahnt Nylund. „Europa muss seinen eigenen Weg finden und den Fokus auf das Wohlergehen der Bürger legen.“ Dies erfordere jedoch nicht nur die Implementierung technologischer Lösungen, sondern auch eine politische und gesellschaftliche Debatte über die Nutzung und den Schutz von Daten.

Die Rolle Deutschlands sieht Fuchs dabei als Vorreiter, wenn es um ethische Fragen im Umgang mit Daten geht. „Unsere Geschichte und unser Bewusstsein für die Risiken des Datenmissbrauchs machen uns zu einem natürlichen Kandidaten, um hier eine Vorbildfunktion zu übernehmen.“

Der Weg zur Digitalisierung ist lang und oft steinig, doch die Strategien und Erfahrungen, die Gofore in Skandinavien und Europa gesammelt hat, können der DACH-Region helfen, diesen Weg erfolgreich zu beschreiten.

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