Olaf Scholz

Zwischen Scholz und Pistorius: Die SPD und die Frage nach ihrem Kurs

Schlechte Umfragen, wachsender Druck: Olaf Scholz in der Zwickmühle

Die SPD steht am Scheideweg. Wenige Wochen vor der geplanten Bundestagswahl am 23. Februar 2025 und nach dem Ende der Ampelkoalition gerät auch die Spitzenkandidatur von Olaf Scholz ins Wanken. Während sich die Sozialdemokratie in einem Meer aus schlechten Umfragen, internen Machtkämpfen und wachsender Ratlosigkeit verliert, drängt sich eine Frage auf: Ist Scholz noch die richtige Wahl, um die Partei aus der Krise zu führen?

Parteiinternes Beben

„Mit einigem Abstand werden seine Entscheidungen sicher weitaus positiver bewertet werden“, heißt es beschwichtigend in einem Statement der NRW-Abgeordneten Wiebke Esdar und Dirk Wiese. Doch die Botschaft, die in diesen Worten mitschwingt, ist unüberhörbar: Die Zweifel an Scholz’ Eignung als Kanzlerkandidat werden lauter – und sie kommen von gewichtigen Akteuren innerhalb der Partei.

Esdar und Wiese vertreten nicht nur den einflussreichen NRW-Landesverband, sondern stehen auch für die linke und konservative Strömung der SPD. Gemeinsam mit einer wachsenden Zahl von Abgeordneten fordern sie eine offene Debatte über die Kandidatenfrage – und werfen dabei immer wieder den Namen von Boris Pistorius in den Raum. Der Verteidigungsminister, populär und verbindlich, gilt vielen als Hoffnungsträger, der die SPD aus ihrem Umfragetief von 15 bis 16 Prozent führen könnte. Doch hinter den Kulissen tobt ein Machtkampf, der das Potenzial hat, die Partei zu spalten.

Scholz’ Strategie: Durchhalten

Der Kanzler selbst hält sich mit direkten Aussagen zurück. Vor seinem Abflug zum G20-Gipfel in Rio de Janeiro gab er zwar ein Bekenntnis zur Wahl ab, blieb dabei aber vage: „Die SPD und ich, wir sind bereit, in diese Auseinandersetzung zu ziehen, übrigens mit dem Ziel, zu gewinnen.“ Scholz setzt offenbar darauf, dass die Parteiführung – und nicht die Basis – letztlich die Entscheidung trifft. Doch die Loyalität der Parteispitze wird auf eine harte Probe gestellt, je mehr Abgeordnete offen gegen Scholz Stellung beziehen.

Hinzu kommt, dass Scholz selbst kaum Rückhalt in der Bevölkerung genießt. Er gilt als der unbeliebteste Kanzler seit Gründung der Bundesrepublik. In einem Wahlkampf, der von Unsicherheit und wirtschaftlichen Herausforderungen geprägt sein wird, könnte Scholz zur Belastung für die SPD werden.

Pistorius: Eine riskante Alternative

Boris Pistorius hingegen steht für einen anderen Stil: Klartext, Bürgernähe, Nahbarkeit. Doch auch der Verteidigungsminister ist nicht frei von Risiken. Sein Fokus auf Sicherheitspolitik könnte ihn im linken Flügel der SPD angreifbar machen, und seine fehlende Erfahrung in wirtschaftspolitischen Fragen könnte im Wahlkampf zu einem Problem werden. Außerdem besteht die Gefahr, dass ein Kandidatenwechsel kurz vor der Wahl als Schwäche interpretiert wird – als Signal, dass die SPD die Kontrolle über ihre eigene Zukunft verloren hat.

Die Partei ist in einer Zwickmühle: Mit Scholz könnte sie ein desaströses Wahlergebnis riskieren, das sie dauerhaft schwächt. Mit Pistorius droht ein Sprung ins Ungewisse, bei dem unklar ist, ob er den hohen Erwartungen gerecht werden kann.

Ein Wettlauf gegen die Zeit

Die nächsten Wochen werden entscheidend. Am 25. November trifft sich die Parteiführung, um eine Vorentscheidung zu fällen. Am 16. Dezember will Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, deren erwarteter Verlust den Weg für Neuwahlen ebnen würde. Auf dem Sonderparteitag am 11. Januar soll dann der Kanzlerkandidat offiziell gekürt werden. Doch ob die SPD bis dahin einen Ausweg aus ihrer Krise findet, ist fraglich.

Die Sozialdemokraten stehen nicht nur vor einer Richtungsentscheidung – sie kämpfen um ihre Existenz als Volkspartei. Sollten die internen Machtkämpfe weiter eskalieren, könnte das Wahldesaster am 23. Februar 2025 nur der Auftakt für eine noch tiefere Krise sein.

Fotoquelle: miss.cabul / Shutterstock.com

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