Ein Taxi ohne Fahrer. Das war lange Zeit Science-Fiction. Eine Vision, die irgendwo zwischen Silicon-Valley-Träumen und der Dystopie des Kontrollverlusts schwebte. Doch jetzt ist es Realität – nicht in ferner Zukunft, sondern hier, jetzt, mitten in Austin, Texas. Pünktlich zur South by Southwest (SXSW) 2025 haben Waymo und Uber ihre Partnerschaft ausgeweitet: Selbstfahrende Fahrzeuge von Waymo lassen sich per Uber-App rufen. Eine Fahrt in der Zukunft – oder in unserer Gegenwart?
Der Moment der Wahrheit
Austin, 16 Uhr, 29 Grad. Ich öffne die Uber-App und wähle eine Fahrt aus. Eine kurze Benachrichtigung: „Your Waymo vehicle is on its way.“ Ein weißer Jaguar I-PACE rollt lautlos heran. Die Sensoren auf dem Dach ragen wie kleine Türme in den Himmel, eine High-Tech-Kreatur auf vier Rädern. Kein Fahrer. Kein Mensch am Steuer. Nur ich und eine Maschine, die mich einmal quer durch die Stadt bringen soll.
Ein leiser Moment des Zögerns. Einsteigen oder nicht? Vor fünf Jahren hätte ich gelacht, wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich heute in ein Taxi steige, das keinen Fahrer mehr braucht. Doch hier bin ich. Und ich will wissen, wie es sich anfühlt, in die Zukunft einzutauchen.
Die Maschine fährt – und ich vertraue ihr?
Die Tür schließt sich mit einem kaum hörbaren Klicken. Der Innenraum ist aufgeräumt, fast zu perfekt. Keine Kaffeebecher, keine plappernden Fahrer, keine Frage nach dem „Where are you from?“. Stattdessen ein Bildschirm vor mir: „Ready to go? Tap to start.“ Ich tippe. Ein Moment der Spannung. Dann setzt sich das Auto in Bewegung.
Es fährt sanft an, reiht sich in den dichten Stadtverkehr ein, stoppt an Ampeln, hält Abstand, verhält sich vorsichtiger als jeder menschliche Fahrer, den ich je erlebt habe und ist gleichzeitig trotzdem zügiger und effizienter unterwegs. Trotzdem – oder gerade deshalb – bleibt ein mulmiges Gefühl. Die Stadt ist voller Menschen, voller unvorhersehbarer Bewegungen. Was, wenn plötzlich ein Fahrradfahrer die Spur kreuzt? Was, wenn ein Fußgänger zwischen parkenden Autos auftaucht? Ich merke, wie meine Muskeln angespannt sind, wie ich fast reflexartig nach einem Lenkrad greifen möchte. Die Maschine aber bleibt ungerührt. Sie scannt, analysiert, reagiert – und fährt einfach weiter.
Ein Leben ohne Fahrer?
Während die Fahrt voranschreitet, entspanne ich mich langsam. Ich beobachte nicht mehr jede Bewegung des Fahrzeugs mit Argwohn, sondern lehne mich zurück. Vielleicht ist das die eigentliche Revolution: nicht die Technologie selbst, sondern der Moment, in dem ich ihr vertraue.
Doch was bedeutet das? Werden wir uns daran gewöhnen, dass Autos uns durch die Stadt fahren, während wir Mails beantworten oder Podcasts hören? Wird es irgendwann ein nostalgischer Akt sein, selbst am Steuer zu sitzen? In Austin ist die Zukunft greifbar – doch sie fühlt sich noch ein wenig fremd an.
Nach etwas mehr als 30 Minuten stoppt das Auto sanft. Ziel erreicht. Ein unspektakulärer Abschluss einer spektakulären Erfahrung. Ich steige aus, schließe die Tür und der Wagen rollt davon – bereit für seinen nächsten Fahrgast.
Der schmale Grat zwischen Faszination und Unbehagen
Waymo und Uber haben mit ihrem Angebot in Austin einen Meilenstein gesetzt, pünktlich zur SXSW, dem Festival, das schon oft als Sprungbrett für technologische Umbrüche diente. Diese autonome Fahrt war beeindruckend – aber sie wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Sind wir bereit für eine Welt ohne Fahrer? Ohne das Chaos, das Menschen mit ihren Eigenheiten und Fehlern in den Straßenverkehr bringen?
Vielleicht ist das größte Wunder nicht die Technologie selbst, sondern unsere Fähigkeit, uns daran zu gewöhnen. Die Zukunft kommt nicht mit einem Knall, sondern in leisen, fast unscheinbaren Schritten. Bis sie irgendwann einfach da ist – und wir uns fragen, warum wir uns jemals gewundert haben.