Tony Douglas: Auch in Zukunft spielt die Freude am Fahren eine Rolle.

Tony Douglas ist bei der BMW Group als Head of Brand, Marketing and Communications für Mobility Services verantwortlich. Schon seit vielen Jahren ist BMW in diesem Bereich mit zahlreichen Partnerschaften und eigenen Spin-Offs aktiv – hierzu zählen zum Beispiel Services, wie DriveNow, ReachNow, ParkNow oder auch ChargeNow. Tony ist ein regelmäßiger Speaker bei 48forward-Events und bringt umfassendes Wissen aus der Automobilbranche mit. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie sich seine Branche in den nächsten Jahren entwickeln wird.

Unsere Städte wachsen schneller, als erwartet. Allein München soll bis zum Jahr 2018 rund 1,8 Millionen Einwohner zählen. Je mehr Menschen wir in unseren Städten haben, desto mehr Autos sind auf den Straßen unterwegs – doch die sind vielerorts schon jetzt voll und überfüllt, besonders zu den Stoßzeiten des Berufsverkehrs. Werden wir in Zukunft immer noch ein Auto besitzen können oder wird die Idee des eigenen Fahrzeuges früher oder später ausgedient haben?

Um den Status Quo zu verändern, braucht man entweder eine starke Vision oder der Schmerz muss groß genug sein. Bezogen auf München: Noch ist der Schmerz nicht groß genug, aber er wird es irgendwann sein. Es ist heute schon offensichtlich, dass das Modell von einer Person, die ein Auto besitzt und Zugang zu einem Parkplatz hat, einfach nicht skalierbar ist. Die große Chance liegt darin, das Auto sehr viel effizienter zu nutzen. Wir müssen die 4%-Auslastung der Autos durchbrechen. Car-Sharing und On-Demand-Services machen genau das. Wenn wir in die Zukunft blicken, werden autonome Technologien hier auch spannende Möglichkeiten für intelligente und orchestrierte Personenbeförderung bieten.

Welche Art von Mobilitätskonzepten werden dabei helfen, den wachsenden Verkehr auf unseren Straßen zu entlasten? BMW arbeitet bereits an einer Menge solcher Konzepte – wie können diese helfen?

Es gibt nicht die eine perfekte Lösung, die der goldene Weg wäre. Man sollte sich darauf konzentrieren, die Problempunkte und Reibungen zu lösen. One-Click-Mobility ist überaus attraktiv – um das zu erkennen, muss man sich lediglich den Aufstieg von Diensten, wie Uber, Lyft oder Didi ansehen. Wir sehen auch, dass unsere eigenen On-Demand-Services, wie DriveNow und ReachNow in der Kombination mit Elektromobilität und Parkplatz-Diensten/-Services sehr attraktiv werden, ja geradezu cool sind. Man darf hier den Coolness-Faktor nicht unterschätzen, das ist ein Angebot, das nicht nur für den Endkunden sehr attraktiv ist, sondern auch für die Städte selbst. Es ist die passende Kombination aus Angebot und Nachfrage, keine Abgase, passende Parkangebote und die zugehörige Zusammenarbeit mit den Städten, um das nötige Framework zu schaffen.

DriveNow gehört, wie eben schon erwähnt, zu den innovativen Mobility Services der BMW Group. Kannst Du uns dazu ein paar Zahlen und Fakten geben?

DriveNow läuft wunderbar. Wir sind aktuell in 13 Städten in Europa aktiv und haben über 900.000 Nutzer. Wir haben aktuell auch einige weitere Städte, die gerne mit uns zusammenarbeiten würden.

Im Schnitt macht ein DriveNow-Fahrzeug etwa fünf Trips pro Tag.

Wie hoch ist die durchschnittliche Parkzeit eines DriveNow-Fahrzeuges zwischen den einzelnen Buchungen?

Im Idealfall parkt so ein Fahrzeug gar nicht. Wir haben dafür die Hand-Shake-Funktion integriert, die eine direkte Übergabe an den nächsten Nutzer ermöglicht – das spart die Suche nach einem Parkplatz und vermeidet weitere Verzögerungen. Ganz grob gesagt kann man bei einer Auslastung von 15% je Fahrzeug von etwa fünf Trips pro Tag ausgehen. Im Durchschnitt parkt das Auto damit rund vier Stunden – aber das hängt sehr von Tag und Uhrzeit ab.

Werden wir eine Zukunft erleben, in der Autos niemals parken und ihre Nutzung autonom optimieren. In der Fahrzeuge von Nutzer zu Nutzer fahren, um deren jeweiligen individuellen Mobility-Anforderungen zu erfüllen?

Selbst ein autonom fahrendes Auto wird parken müssen. Aber ich denke, dass wir davon ausgehen können, dass wir in Zukunft deutlich mehr Use-Cases sehen werden, die eine höhere Auslastung der Fahrzeuge fordern und vorantreiben werden.

Wem werden die Autos in Zukunft gehören? Werden wir einige große Unternehmen erleben, die einen Großteil der Fahrzeuge besitzen und dann je nach Use-Case bereitstellen oder werden es Anwendungsfälle für Privatpersonen sein, die eine höhere Auslastung ihrer Autos wünschen?

Ich denke, dass wir da einen echten Mix sehen werden. Es wird finanzierte, konzessionierte Flotten und geleaste Flotten geben, aber auch Fahrzeuge, die sich in Privatbesitz befinden und an bestimmte Flotten anschließen.

Immer mehr Startups beschäftigen sich mit Mobility.

Tesla scheint momentan auf der Überholspur zu sein. Das Unternehmen arbeitet mit Hochdruck auch an autonomen Fahren und hat hier bereits große Schritte gemacht. Während man bei Tesla schon heute erste Funktionen nutzen kann, scheinen deutsche Automobilhersteller hier noch sehr vorsichtig und zurückhaltend zu agieren. Hast Du eine Erklärung dafür? Können Tesla, Google oder auch Apple zu einer Bedrohung für traditionelle Hersteller werden?

Ich kann persönlich nicht sagen, wer in der Entwicklung wirklich die Nase vorne hat, aber ich denke, dass wir hier zwei ganz unterschiedliche Kulturen erleben. In Nordamerika lässt man sich stark von Vision und Marketing treiben, während man sich in Deutschland sehr viel mehr von der Entwicklung, vom Engineering leiten lässt.

Ich denke nicht, dass die neuen Player im Markt eine Bedrohung sind. Zu einem gewissen Grad haben sie unsere Industrie attraktiver, reizvoller gemacht. Wenn man sich heute die Startup-Szene im Valley ansieht, macht fast jedes zweite Startup etwas mit Mobility. Es gibt also einen echten Buzz, wir sind cool und das ist gut für uns alle.

Amsterdam und Kopenhagen sind der Benchmark.

Einer der Gründe, warum sich Elektromobilität in Deutschland sehr langsam entwickelt, ist die fehlende flächendeckende Lade-Infrastruktur. Große Städte wie Amsterdam und Kopenhagen haben schon heute Lösungen dafür gefunden. Warum sind wir hierzulande so langsam?

Wir haben hier auf jeden Fall ein Henne-Ei-Problem. Ich denke, dass in Skandinavien vor allem das regulatorische Framework zu einer echten Beschleunigung der Entwicklung hin zu mehr Elektromobilität geführt hat. Überall dort, wo es echte Steuer-Vorteile gibt, sehen wir heute eine deutlich schnellere Entwicklung. Aber auch andere Vorteile können eine Rolle spielen – zum Beispiel die Erlaubnis zur Nutzung von Pendler-Spuren in Kalifornien.

Amsterdam und Kopenhagen sind auf jeden Fall der Benchmark, da stimme ich zu. Andere Städte können von diesen Beispielen viel lernen. Es ist nicht ganz fair zu sagen, dass Deutschland besonders langsam ist. Kopenhagen, Amsterdam und auch Oslo waren einfach schneller.

Auch im autonomen Zeitalter wird die Freude am (analogen) Fahren eine Rolle spielen.

Daimler’s Head of Group Research & Mercedes-Benz Cars Development hat in einem Interview erklärt, dass die Taxi-Branche der erste echte Use-Case für vollautonomes Fahren sein könnte. Er erklärte das damit, dass die Kosten für solche Autos am Anfang sehr hoch sein werden und sich diese in der Masse nur rechnen, wenn es eine gut funktionierende Amortisation einer solchen Investition gibt. Stimmst Du zu?

Ich denke, es ist offensichtlich, dass die Taxi-Branche und auch die Logistik-Branche ein großes Potenzial für Kosteneinsparungen durch vollautonomes Fahren haben. Der Kostenanteil für den Fahrer liegt bei Uber heute zum Beispiel bei rund 50 Prozent – wird man diesen Kostenpunkt los, kann man quasi Geld drucken. Dennoch wird es auch für private Fahrer viele attraktive Use-Cases für selbst fahrende Autos geben. Wenn es zum Beispiel darum geht, die Kinder in die Schule zu bringen. Außerdem würde sich ein solches Fahrzeug selbst einen Parkplatz suchen und könnte sich auch autonom um Werkstatt-Besuche kümmern. Es könnte seinen Besitzer außerdem jederzeit abholen, wenn es gebraucht wird. Auf dem Weg zur Arbeit könnte man noch ein paar E-Mails schreiben oder ein wenig schlafen.

Wir sollten aber auch nicht die Freude am Fahren vergessen. Ich denke, dass es selbst im Zeitalter der autonomen Fahrzeuge noch Momente des reinen Fahrvergnügens geben wird, in denen man das Erlebnis des guten alten analogen Fahrens mit all seinen Emotionen und Eindrücken zu schätzen wissen wird.

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