Stefan Gabányi über Barkultur und Whiskey

Stefan Gabányi über Barkultur und Whiskey

Stammgäste, Gin & Whiskey

Stefan Gabányi ist, auch wenn er es selber nicht so gerne hört, eine Münchner Barlegende geworden. Nach über 20 Jahren hinter Schumanns Tresen eröffnet der Whiskey-Experte 2012 seine eigene Bar Gabanyi. Etwas persönliches ist ihm nach so langer Zeit dann doch wichtig gewesen. Seine Leidenschaft für Whiskey verdankt er aber dennoch seinem alten Chef, Charles Schumann, der ihn damals nach Schottland schickte, denn „jede Bar braucht jemanden der sich mit Whiskey auskennt“.

Nur wenige Bars begrüßen ihre Gäste bis in die Morgenstunden, doch eben das war der bekennenden Nachteule Gabányi wichtig. Funktionieren tut das jedoch nur, wenn man das richtige Personal findet, das solche Arbeitszeiten mitmachen kann und will. Die größte Ehre für Gabányi ist es jedoch wenn die Kollegen aus anderen Bars nach Feierabend noch auf einen Absacker oder eine warme Mahlzeit bei ihm hereinschauen – warme Küche gibt es hier nämlich bis kurz vor Ladenschluss.

Die Barkultur hat sich enorm entwickelt

Der soziale Aspekt einer Bar dürfte sich über die letzten Jahrzehnte wenig verändert haben, ganz anders sieht es dabei aber mit der Barkultur an sich aus. Als Gabányi damals im Schumann’s anfing, gab es in München vor allem Kneipen und Hotelbars. Freie Bars waren eine Seltenheit und schon gar keine Cocktailbars. 

“Der Charles war für Deutschland wirklich wichtig“, denn er hat mit seiner Cocktailbar etwas ganz Neues aufgerissen. In den 80ern war das Nachtleben nicht nur sorgloser, man kippte für einen Martini auch einfach nur Gin und Wermut zusammen. Das Wochenende war länger (Donnerstag ging das Feiern los) und die Leute waren nicht so sehr darauf bedacht wie heute, dass sie ja am nächsten Tag fit sein mussten. Sogar für den sozialen Aspekt war das Schumann’s etwas Besonderes, denn nirgends sonst traf man Punks und Banker in derselben Bar bei denselben Drinks an. Die Leute glaubten an das neue Konzept und deshalb funktionierte es. Bis heute steht München in Sachen Cocktails auch im internationalen Vergleich sehr gut da, nicht zuletzt dank Charles Schumann.

Welche Rolle spielen bei einer Cocktailbar heute eigene Kreationen?

Gabanyi findet es wichtig immer wieder neue eigene Sachen zu präsentieren, aber man braucht es auch nicht zu übertreiben. „Der Originalitätszwang bei manchen Kollegen ist schon sehr erstaunlich.“ Dennoch ist nicht zu vergessen, dass sich das junge Publikum heute besser auskennt als früher.

Der aktuelle Gin-Hype überrascht den Whiskey-Experten wenig. In den 80/90ern gab es denselben Hype schon um Vodka, obwohl der ja erstmal nicht wirklich viel eigenen Geschmack vorweisen kann. Es steckt ein enormes Marketing-Aufgebot hinter dem Hype, der auch dazu führt, dass viele Bars mittlerweile weit mehr als 30 Gin-Sorten vorweisen können.

Wenn du früher fünf anständige Gins hattest, warst du gut sortiert

Stefan Gabányi

Auch hier sollte man es aber nicht zu sehr übertreiben, denn „das ist halt auch sau frech, dass Leute für einen halben Liter Neutralsprit mit Aroma 40 Euro wegnehmen“. Vielleicht übertrieben, aber es scheint ja zu funktionieren. Das wirklich Besondere, Innovative macht dabei den geringsten Anteil aus. Viel wichtiger ist die Story und das Marketing, auch wenn das dann oft mal mehr kostet, als was in der Flasche ist.

Vergleicht man jedoch die Verkaufszahlen von Gin und Whiskey wird recht schnell klar, dass Gin da noch ein sehr kleines Licht ist. Whiskey braucht keinen neuen Hype, denn „Whiskey ist längst da“. Er hat ein ganz besonderes Standing auf dem Weltmarkt und seit über 100 Jahren ein spezielles Image mit eigener Kultur drumherum, welche Generation um Generation überdauert hat.

Wo fängt man als Whiskey-Neuling an?

Man sollte nicht in eine Bar gehen und einfach den teuersten Whiskey auf der Karte bestellen, es sei denn man möchte sein Geld verschwenden. Viel sinnvoller ist es, zu einem Barmann oder einer Barfrau seines Vertrauens zu gehen und diese/n um eine Empfehlung zu bitten. Die meisten erfahrenen Barleute können den Geschmack des Gastes dann auch ganz gut einschätzen. Der Geschmack ist das Wichtigste, auch wenn Whiskey-Preise heutzutage durch die Decke gehen und einige Flaschen sogar als Geldanlage genutzt werden.

Ebenso verhält es sich mit dem „Glaubenskrieg“, Whiskey pur oder mit Eis oder Wasser. Gabányi verrät uns: Es kommt auf den Whiskey an und natürlich wieder auf den eigenen Geschmack. Manche Whiskeys sind dafür gedacht mit Eis oder Wasser getrunken zu werden, bei anderen wäre es eine Verschwendung. Eis nimmt oft Aromen weg, ab und zu kann Wasser aber auch aufschließen. Hochkarätige Whiskeys aus Schottland und Irland sollten ohne Eis getrunken werden, Gabányi empfiehlt aber immer ein Glas Wasser auf der Seite.

Gabányis persönlicher Whiskey-Geschmack ist auch nicht so einfach zu definieren. Es ist eine Frage der Stimmung und sogar der Jahreszeit. Bei dieser sagenhaften Bandbreite an Sorten, Geschmack und Stilistik fällt eine Auswahl wohl jedem Experten schwer. Für ihn ist die Freude am Whiskey, gemeinsam zu trinken und sich auszutauschen, mit anderen zu teilen und sich gegenseitig zu inspirieren wenn man neues ausprobiert.

Überleben in der Corona-Zeit

In der Corona-Zeit sind die Bars alle zu und unsere Nachteule ist mehr oder weniger aus seinem gewohnten Umfeld gerissen, wie ein Fisch aus dem Wasser. Dennoch bemerkt man keinen Verlust an Optimismus in dieser merkwürdigen Zeit, in der keiner weiß wie es weitergeht.

Gabányi genießt seine Freizeit. Selbst wenn es auf dem Konto langsam eng wird, sorgt er sich mehr um seine Mitarbeiter. Das wöchentliche Live-Musik Programm seiner Bar wird mit Spendenaufruf im Online-Stream fortgeführt, vor allem um die Musiker zu unterstützen, die momentan eine sehr harte Zeit durchleben müssen.

Das Gespräch in voller Länge gibt es ab sofort auf:

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