Die Sache mit der Produktivität: Warum mehr arbeiten nicht mehr bringt

Eigentlich klingt die folgende Annahme ja recht logisch: Wer mehr arbeitet, schafft auch mehr. So einfach wie diese Aussage ist, so falsch ist sie aber auch. Seit Jahrzehnten füllen sich die Überstundenkonten der Arbeitnehmer in Deutschland. Mehr Produktivität hat das in der Regel aber nicht gebracht. Warum das so ist? Wir Menschen sind keine Maschinen, die man bei gleicher Leistung einfach ein paar Stunden länger laufen lassen kann. Wir müssen unsere Arbeitszeit dringend überdenken.

Mehr Arbeitszeit, weniger Produktivität.

Jeder Mensch hat ein individuelles Potenzial an maximal möglicher Produktivität. Wir können für einen begrenzten Zeitraum sehr produktiv sein – danach geht es aber rapide bergab. Je mehr wir arbeiten, desto weniger produktiv und kreativ sind wir. Man kann das wunderbar einfach und anschaulich mit einem Bankkonto vergleichen. Angenommen auf dem Konto werden jeden Tag 100 Euro eingezahlt – gleichzusetzen mit der maximal möglichen Produktivität. Wenn wir an einem Tag 120 Euro ausgeben, rutschen wir in den Dispo und starten am nächsten Tag nur mit 80 Euro, von denen auch noch Zinsen für die Inanspruchnahme des Dispos zu zahlen sind. Geben wir jetzt wieder 120 Euro aus, landen wir bereits mit 40 Euro im Dispo und haben am nächsten Tag nur noch 60 Euro minus Zinsen zur Verfügung.

Was das Beispiel mit dem Bankkonto zeigen soll: Unser Körper springt nach einem Tag mit langen Überstunden nicht einfach direkt wieder auf 100% Leistungsfähigkeit zurück. Lange Tage – vor allem, wenn sie sich häufen – brennen sich in uns ein und wirken sich mittel- bis langfristig immer stärker negativ auf die Leistungsfähigkeit aus.

Überstunden machen uns krank und unproduktiv

Wer regelmäßig oder gar täglich Überstunden macht, verdoppelt laut aktuellen Studien die Wahrscheinlichkeit an einer Depression zu erkranken. Auch das Risiko von Herz-Kreislauf-Krankheiten nimmt mit längerer Arbeitszeit deutlich zu. Wir werden unkonzentriert, machen mehr Fehler und an Kreativität ist gar nicht mehr zu denken.

Je mehr Überstunden wir machen, desto schwieriger wird es für uns mit Stress umzugehen. Wir sind nicht mehr belastbar, können mit Extremsituationen kaum noch umgehen. Und der Witz dabei: Je mehr Überstunden wir machen, desto mehr Überstunden brauchen wir um unsere Arbeit fertig zu bekommen. Je länger wir arbeiten, desto langsamer arbeiten wir – weil eben die Produktivität verloren geht.

In weniger Stunden mehr schaffen!

Gerade in den nordischen Ländern gibt es zunehmend Versuche, in denen die Arbeitsstunden reduziert werden. Erste Tests mit 6-Stunden-Tagen haben gezeigt, dass sich die Zahl der Krankheits- und Fehltage abgenommen hat. Auch die Überlastung der Mitarbeiter ist verschwunden und die Produktivität stieg gleichzeitig an.

Wir müssen endlich lernen, dass mehr Arbeitszeit nicht mit mehr Leistung gleichzusetzen ist. Im Gegenteil: Wer mehr arbeitet, wird eher krank, wird generell langsamer und unproduktiv, kann nicht mehr mit Stress umgehen und ist nicht mehr in der Lage, seine eigenen Arbeitsprozesse zu verbessern oder gar kreativ zu denken.

Kein Wunder, dass Überstunden gerade in den Nordics als Zeichen von Unproduktivität angesehen werden. Bei uns gelten sie leider immer noch viel zu oft als Zeichen von Motivation und Loyalität dem Unternehmen gegenüber.

Bildquelle: Stokkete / Shutterstock.com

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