An all diejenigen, die meinen, „man wird ja wohl noch sagen dürfen“. An all diejenigen, die sich in unseren Straßen unsicher fühlen, weil es dort Menschen gibt, die anders aussehen. An all diejenigen, die denken, dass sie Ihren Wohlstand vor all den Fremden schützen müssen. An all diejenigen, die sich unwohl fühlen, weil weniger gut beleibte Männer in Tennissocken und Sandalen durch die Straßen laufen. An all diejenigen, die immer noch nicht verstanden haben, dass wir alle auf demselben Planeten leben, wir alle dieselben Ressourcen teilen, wir alle eine geteilte Verantwortung haben.
In dem vergangenen Jahrhundert kämpften wir um unser Leben. Krieg, Hunger und Krankheiten prägten unsere Lebensqualität, waren dafür verantwortlich, ob es uns gut oder schlecht ging. In den vergangenen knapp 70 Jahren sind diese Probleme vor allem in der westlichen Welt Geschichte. Wir sind stolz auf das, was wir geleistet haben, sind ängstlich, dass wir es wieder verlieren könnten.
Viele von uns denken, dass all die Fremden, die da kommen, eben diese hart erkämpfte Lebensqualität gefährden könnten. Doch sind wir nicht längst in einem Zeitalter angekommen, in dem wir verstehen müssten, dass Ländergrenzen und verschiedene Kulturen keine Rolle spielen dürfen? Haben wir nicht längst erkannt, dass das Lebensroulette der Herkunft nicht Ausschlag darüber geben darf, dass es uns gut oder schlecht geht?
Wir alle haben keinen Einfluss darauf, wo und wann wir das Licht der Welt erblicken.
Wir alle haben keinen Einfluss darauf, wo und wann wir das Licht der Welt erblicken. Wir alle haben keinen Einfluss darauf, ob wir in gute oder schlechte Verhältnisse geboren werden. Die meisten von uns beanspruchen aber, dass sie die Antworten darauf geben dürfen – vor allem für diejenigen, denen es nicht so gut geht. Die Begründung ist einfach und dabei vergleichbar mit derer, die einst Hexenverbrennungen legitimierte: Sie sind fremd, wir kennen sie nicht, sie sind unheimlich – also sind sie womöglich böse.
Sollten wir nach Jahrhunderten gleicher Schemata des Schubladendenkens nicht endlich weiter sein? Sollten wir nicht längst verstanden haben, dass wir Menschen alle gleich sind und eigentlich alle denselben Anspruch auf eine gewisse Lebensqualität haben sollten?
Wir verstecken uns hinter einst gezogener Ländergrenzen. Wir verstecken uns hinter gezahlten Entwicklungshilfen und sehen diese als Schweigegeld für ausgenutzte Länder, für ausgenutzte Bevölkerungsgruppen, denen es schlecht geht, damit es uns gut gehen kann. Das ist keine Gerechtigkeit, das ist Folter der Stimmlosen, der Hilflosen.
Solange es uns gut geht, ist alles in Ordnung. Sobald uns jemand zu nahe kommt, der diesen Wohlstand gefährden könnte, geraten wir in Panik. Das hat nichts mit Zivilisation zu tun, das ist keine hoch entwickelte Kultur, sondern dasselbe Verhaltensmuster, das wir Menschen schon in der Steinzeit an den Tag legten. Sind wir seit Tausenden von Jahren wirklich nicht weiter gekommen? Glauben wir wirklich, dass wir die Menschheit in zwei Klassen aufteilen können? In diejenigen, denen es von Geburt an gut geht und diejenigen, die beim Geburtsroulette verloren haben?
Wir tun so, als wären wir liberal. Wir alle machen immer wieder deutlich, dass wir ja keine Nazis sind. Gleichzeitig tun wir so, als müssten wir im Kleinen ja mal unsere Meinung sagen dürfen, mal aussprechen dürfen, dass diese Ausländer, diese Flüchtlinge alles schlecht und gefährlich machen.
Wir vergessen darüber nachzudenken, wie wir helfen können, wie wir die Situation verbessern können – für alle.
Dabei vergessen wir, darüber nachzudenken, wie wir diesen Menschen helfen können, vergessen, dass die meisten einfach nur nach Hilfe, nach einem besseren, nach einem sicheren, nach einem Leben ohne Hunger und Angst suchen.
Selbstverständlich gibt es kulturelle Unterschiede. Selbstverständlich verhalten wir uns auf dieser Welt nicht alle gleich – aber das ist nicht nur weltweit so, sondern auch in unseren Städten, in unseren Vierteln, in unseren Straßen und in unseren Häusern. Wir alle haben Fehler, wir alle sind durch verschiedene Faktoren unterschiedlich geprägt. Wir alle sind Menschen, die Menschlichkeit auszeichnen sollte – mit Ausnahme all der rechten Egoisten.