Mein letzter Artikel beschäftigte sich mit der Frage, wie lange die Deutschen noch an einem eigenen Auto festhalten wollen. Mit leicht sarkastischem Unterton wollte ich die bereits vorhandenen Alternativen zu einem eigenen Fahrzeug aufzeigen und einen kleinen Ausblick in die Zukunft geben. Als eine dieser Alternativen nannte ich natürlich auch das Carsharing. Nun, eine Woche später, habe ich mit ebendiesem kollektivgenutzten Fuhrpark eine nicht allzu erfreuliche Erfahrung gemacht: Die Heimfahrt vom Flughafen.
Erster Akt: Vorgeschichte
Um das volle Ausmaß der Misere zu verstehen, muss erwähnt werden, dass ich in München wohne. Das ist insofern relevant, als dass der Flughafen München nicht in oder bei München liegt, sondern im Erdinger Moos – gut 36 Kilometer von der Münchner Innenstadt entfernt. Zahlreiche Versuche wurden bereits unternommen, den Transit von der bayerischen Landeshauptstadt zum zweitmeistgenutzten Flughafen Deutschlands zu erleichtern. Diese Versuche gipfelten 2002 in dem, als Neujahrs-Rede getarnten, Comedy-Special des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Dieser versuchte, beinahe wie im Delirium, die Vorzüge des Baus einer Transrapid-Strecke zwischen den zuvor erwähnten Knotenpunkten hervorzuheben.
Seitdem ist es still um neue Ansätze und Lösungsvorschläge geworden und Münchner und Touristen gleichermaßen hatten seither drei Optionen: die Fahrt mit der S-Bahn (Dauer: circa 50 Minuten), die Fahrt mit dem Taxi (Preis: circa 70 Euro) oder die Fahrt mit dem Auto (Parkkosten: beinahe unbezahlbar) – bis jetzt.
Zweiter Akt: Hoffnung
Denn damit gelangen wir wieder zu meiner persönlichen Erfahrung und einer Idee, die sich in mir formte. Die obengenannten Transportmöglichkeiten leid, entschied ich mich kurzerhand, ein Carsharing-Auto zu nutzen. So weit, so simpel. Zur Abfahrt am Freitagmorgen gegen 6:30 Uhr waren in meiner unmittelbaren Nähe diverse Autos verfügbar, sowohl bei DriveNow als auch bei car2go. Zu dritt machten wir uns also in einem BMW i3 (go Umwelt) auf in Richtung Flughafen. Zum Parken sollten wir das Fahrzeug in der untersten (wichtig!) Ebene eines Parkhauses abstellen. So weit und immer noch so einfach. Die Parkplätze der Carsharing-Firmen waren klar gekennzeichnet und wir verließen Deutschland mit dem wohligen, aber gleichzeitig ebenso naiven, Gefühl, die Heimfahrt würde mindestens ebenso reibungslos verlaufen.
Dritter Akt: Ernüchterung
Nach der Landung am Sonntag um 20:45 Uhr in München machte sich indes schnell Ernüchterung breit: Es stand kein Auto zu Verfügung. Sowohl die DriveNow als auch die car2go App taten entschuldigend kund, dass sich keines ihrer Fahrzeuge in dem bereits bekannten Parkhaus befindet. Nach zwanzig Minuten des Aktualisierens und einem immer noch unerschütterlichen Vertrauen in das System des geteilten Fahrerlebnisses, tauchte dann schließlich ein Mini-Cabrio in der App auf. Dieses wurde natürlich sofort reserviert, nur um bei der Ankunft an den gekennzeichneten Stellplätzen festzustellen, dass es nicht da ist. Nach einigem Suchen schlich sich langsam aber sicher die Erkenntnis ein, dass das von uns reservierte Fahrzeug nicht auf der untersten Ebene dieses Parkhaues steht.
Carsharing-Anbieter müssen eingreifen!
Und genau das ist das Problem an der ganzen Sache. Niemand ist gezwungen, nach Einfahrt in das Parkhaus vier Ebenen nach unten zu den dafür vorgesehenen Parkplätzen zu fahren. Vor allem Leute, die es eilig haben, das soll an einem Flughafen durchaus vorkommen, stellen das Auto ab, sobald sie die Schranke passiert haben, um schnellstmöglich zum Terminal zu gelangen. Dafür gibt es dann aber keine Strafe, oder zumindest Verwarnung, seitens des Carsharing-Anbieters. Solange man das Fahrzeug im Parkhaus abstellt, ist von dessen Seite aus scheinbar alles in Ordnung.
Der Idiot ist dann der Kunde, der das falsch abgestellte Auto als nächstes reserviert. Der darf das Auto dann auf mehreren Parkdeck-Ebenen (im Falle des Flughafen Münchens sind es sieben) suchen. Dabei könnte man das Problem zumindest abschwächen. Würde man zum Beispiel die Indoor-Karten von Google Maps integrieren und das Parkhaus entsprechend erfassen, ließe sich wenigstens feststellen, auf welcher Ebene das Fahrzeug genau steht und die Suche würde erheblich schneller laufen. Aber da nichts dergleichen geschieht, gibt es auch keinen Grund, außer dem noblen Gedanken an das Allgemeinwohl, das Auto vorschriftsmäßig abzustellen.
Carsharing sollte jedoch langfristig darauf ausgelegt sein, immer und überall zu funktionieren und das so bequem wie möglich. Wenn wir eines von den Amazons dieser Welt gelernt haben, dann, dass der Weg zu nachhaltigem Erfolg nur über die Bequemlichkeit des Kunden geht. Ist etwas umständlich oder kompliziert benutze ich es nicht, ganz einfach. Sollten die Probleme am Flughafen weiterbestehen bleiben, werde ich Carsharing dort nicht mehr nutzen. Vielleicht entwöhne ich mich dadurch auch ganz davon. Und je mehr Menschen es, aus welchen Gründen auch immer, so ergeht, desto schwieriger wird es für die Firmen ihr Angebot zu verbessern.
Wer übrigens der Meinung ist, das alles sei viel Aufsehen um nichts, der darf mir bei der nächsten einstündigen Suche nach meinem Auto gerne Gesellschaft leisten und seinen Standpunkt darlegen. Die Fahrt zum Flughafen München muss allerdings auf eigene Kosten erfolgen. Carsharing kann ich dabei nur bedingt empfehlen.
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