Die Geschwindigkeit, mit der der Alltag vorbeizieht, lässt kaum Raum für bewusste Wahrnehmung. Doch oft liegt in den kleinen Momenten des Lebens eine Kraft, die Orientierung und Trost schenken kann. Gabriele von Arnim, Schriftstellerin und Journalistin, plädiert dafür, die Schönheit in diesen unscheinbaren Augenblicken zu suchen und sie bewusst wahrzunehmen.
Die Bedeutung des Augenblicks
Die Fähigkeit, innezuhalten und wahrzunehmen, ist keine Selbstverständlichkeit. Das Spiel der Wolken, ein Lächeln in den grauen Himmel, das Entdecken einer Blume im Pflaster – diese scheinbar beiläufigen Szenen sind für von Arnim mehr als Alltäglichkeiten. Sie sind Gelegenheiten, die Welt neu zu betrachten. „Wir rennen durch unser Leben und übersehen so viel“, betont sie. Doch in der bewussten Wahrnehmung dieser Details kann eine Quelle der Kraft und Ruhe liegen.
Zuversicht hat für mich nichts mit bloßem Hoffen zu tun. Sie zwingt uns hinzuschauen, aktiv zu handeln und Lösungen zu suchen.
Gabriele von Arnim
Schönheit, wie sie sie beschreibt, ist nicht immer gefällig. Sie kann überwältigen, verstören und uns die eigene Vergänglichkeit vor Augen führen. Gerade in ihrer Widersprüchlichkeit liegt ihr Trost. Es sind nicht die spektakulären, sondern die kleinen, oft unscheinbaren Momente, die uns innehalten lassen und uns mit der Welt verbinden.
Verantwortung im Kleinen
Von Arnim sieht eine Verbindung zwischen der persönlichen Wahrnehmung und einer größeren gesellschaftlichen Verantwortung. Demokratie, so sagt sie, sei kein Zustand, sondern ein Prozess, der von uns allen mitgestaltet werden muss. Sie spricht von der „Demokratisierung des Alltags“ – einer Haltung, die Verantwortung und Engagement in kleinen, alltäglichen Handlungen fördert. Sei es in Schulen, Nachbarschaften oder durch offene Gespräche mit Andersdenkenden.
Besonders betont sie die Bedeutung des Zuhörens und Fragens. In einer Gesellschaft, die zunehmend polarisiert ist, könnte dieser Ansatz helfen, Spaltungen zu überwinden und den Dialog zu stärken. Respekt vor der Meinung des anderen und die Bereitschaft, sich wirklich zuzuhören, sieht sie als Grundlage, um die Demokratie zu bewahren und zu stärken.
Zuversicht als Haltung
Zuversicht ist für von Arnim eine aktive Haltung, die sich vom bloßen Hoffen abgrenzt. Sie fordert auf, trotz aller Herausforderungen mutig nach vorne zu schauen und Veränderungen aktiv zu gestalten. Es geht darum, Handlungsspielräume zu erkennen und zu nutzen, anstatt sich in Resignation zu verlieren.
Gerade angesichts globaler Krisen wie der Klimakrise, wachsender sozialer Ungleichheit und politischen Umbrüchen sei dieser Ansatz entscheidend. „Wenn wir uns der Schönheit und der Zuversicht verschließen, riskieren wir, mutlos zu werden“, lautet ihr Plädoyer. Die Fähigkeit, Schönheit wahrzunehmen, sei dabei nicht nur ein individueller Akt, sondern auch eine Form des Widerstands gegen Mutlosigkeit und Lethargie.
Von Arnim hebt hervor, dass die Suche nach Schönheit und Zuversicht keine Flucht ist, sondern ein Mittel, um Stärke zu gewinnen. Ihr Ansatz, Schönheit bewusst wahrzunehmen und im Alltag Verantwortung zu übernehmen, zeigt Wege auf, wie eine Gesellschaft trotz aller Herausforderungen resilient bleiben kann.
Fotoquelle: Ralf Hiemisch