Bundeskanzler Olaf Scholz begann seine Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit einer eindringlichen Erinnerung an Deutschlands historische Verantwortung. Er verwies auf das Konzentrationslager Dachau, nur 20 Kilometer von München entfernt, als Mahnmal für die Verbrechen des Nationalsozialismus. „Nie wieder“ sei nicht nur eine Lehre der Vergangenheit, sondern eine Verpflichtung der Gegenwart, betonte er. Diese Haltung, so Scholz, mache es unmöglich, mit Kräften zu kooperieren, die nationalsozialistische Verbrechen relativierten – eine klare Absage an die AfD, die er als inakzeptabel für eine demokratische Politik bezeichnete.
Wir werden es nicht hinnehmen, dass sich Außenstehende in unsere Demokratie, unsere Wahlen und unseren demokratischen Meinungsbildungsprozess einmischen.
Olaf Scholz
Scholz nutzte diese Grundsatzbetonung auch, um jegliche Einmischung von außen in die deutsche Demokratie abzulehnen. Dabei richtete er sich insbesondere gegen die USA und die Äußerungen von Vizepräsident J.D. Vance, der auf der Konferenz die deutsche Politik und die EU für ihren Umgang mit Demokratie und Meinungsfreiheit kritisiert hatte. Scholz machte deutlich, dass die politische Meinungsbildung in Deutschland ausschließlich Sache der Bürgerinnen und Bürger sei und nicht durch ausländische Stimmen beeinflusst werden dürfe. „Wo unsere Demokratie hingeht, entscheiden wir“, stellte er klar und unterstrich damit den Willen zur Selbstbestimmung in einer politisch zunehmend polarisierenden Welt.
Die Ukraine als Prüfstein für Europas Handlungsfähigkeit
Im Zentrum von Scholz‘ Rede stand die Unterstützung der Ukraine. Er hob hervor, dass der Schutz der Souveränität Kiews nicht nur eine moralische, sondern auch eine strategische Notwendigkeit für Europa sei. Die europäische Friedensordnung stehe auf dem Spiel, wenn Russland für seinen Angriffskrieg belohnt würde. „Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verschoben werden“, stellte er unmissverständlich klar.
Scholz lobte die transatlantische Einheit in der Unterstützung für die Ukraine, warnte aber zugleich vor einer Spaltung zwischen den USA und Europa. Die europäischen Staaten seien inzwischen der größte Unterstützer der Ukraine, auch finanziell. Deutschland selbst leiste im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung viermal so viel Unterstützung wie die Vereinigten Staaten – eine Botschaft, die auch als Signal an skeptische amerikanische Politiker gerichtet war.
Ein Frieden, der der Ukraine diktiert wird, wird niemals unsere Unterstützung finden.
Olaf Scholz
Er betonte, dass militärische Hilfe für Kiew nicht mit dem Ende der Kampfhandlungen auslaufen dürfe. Die Ukraine müsse langfristig in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen. Daher forderte er eine dauerhafte europäische Sicherheitsarchitektur, die Kiew einschließt – ein Konzept, das in den kommenden Verhandlungen eine zentrale Rolle spielen werde.
Europas Verteidigungsfähigkeit und wirtschaftliche Eigenständigkeit
Scholz rückte erneut die Notwendigkeit einer stärkeren europäischen Verteidigungsfähigkeit in den Fokus. Er forderte höhere Militärausgaben und eine langfristige finanzielle Planung. „Das Sondervermögen für die Bundeswehr war nur ein erster Schritt“, stellte er fest und skizzierte die Notwendigkeit, die deutschen Verteidigungsausgaben dauerhaft auf über zwei Prozent des BIP anzuheben. Er sprach sich zudem für eine Reform der Schuldenbremse aus, um Investitionen in die Sicherheit langfristig zu ermöglichen.
Ein weiterer Punkt seiner Rede war die Bedeutung einer starken europäischen Rüstungsindustrie. Er plädierte für eine Bündelung von Aufträgen auf EU-Ebene, um technologische Schlüsselkompetenzen in Europa zu halten und Abhängigkeiten zu verringern. Gleichzeitig stellte er klar, dass dies nicht zu einer Entkopplung von der transatlantischen Sicherheitskooperation führen dürfe.
Scholz schloss mit einem Appell zur europäischen Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit. „Diese Stunde muss die Stunde Europas sein“, forderte er und warnte davor, sich durch politische Unstimmigkeiten handlungsunfähig zu machen. Die Zukunft der europäischen Sicherheit werde nicht nur auf dem Schlachtfeld in der Ukraine entschieden, sondern auch in den Parlamenten und Verhandlungssälen Europas. Seine Botschaft war eindeutig: Deutschland sei bereit, Verantwortung zu übernehmen – nun müssten andere nachziehen.
Fotoquelle: MSC/Axel Heimken