Führungspersönlichkeiten gelten oft als die klügsten Köpfe im Raum, die Wegweiser in stürmischen Zeiten. Doch ist Brillanz allein genug, um ein Team erfolgreich zu machen? Die wahre Kunst der Führung liegt nicht darin, allein zu glänzen, sondern darin, das Beste aus den Menschen um sich herum herauszuholen. Liz Wiseman, Expertin für Leadership und Autorin des Buches Multipliers, spricht von einem grundlegenden Unterschied: den „Multipliers“, die das Potenzial ihrer Mitarbeiter vervielfachen, und den „Diminishers“, die es – oft unbewusst – unterdrücken.
Der schmale Grat zwischen Brillanz und Überforderung
Diminisher sind keine Tyrannen. Oft handeln sie aus den besten Absichten heraus. Sie geben die Richtung vor, sind präsent und scheuen nicht davor zurück, selbst die schwierigsten Aufgaben zu lösen. Doch genau hier liegt das Problem: Wenn Führungskräfte ständig voranschreiten, bleibt ihren Mitarbeitern kein Raum, eigene Ideen zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen. Die Stärke der Führungskraft wird zur Schwäche des Teams. Es entsteht ein Umfeld, in dem Sicherheit und Innovation auf der Strecke bleiben – nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus Übervorsicht oder Perfektionismus.
Multipliers: Führung, die stärkt
Ganz anders sieht es bei den Multipliers aus, wie Wiseman betont. Diese Führungskräfte legen den Fokus auf ihre Teams. Sie fördern Talente, vertrauen auf die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter und schaffen eine Umgebung, in der jede Stimme zählt. Anstatt selbst Lösungen vorzugeben, stellen sie die richtigen Fragen und sorgen dafür, dass ihre Teams über sich hinauswachsen. Multipliers verstehen, dass wahre Führung darin besteht, die kollektive Intelligenz einer Gruppe zu nutzen, anstatt sie zu überstrahlen.
Der Weg von einem Diminisher zu einem Multiplier ist jedoch kein leichter. Oftmals sind es tiefe Verhaltensmuster, die Menschen unbewusst in den „Diminisher-Modus“ versetzen. Wiseman erzählt von Führungskräften, die in ihrem Leben nur strenge und kontrollierende Vorbilder hatten – und dieses Verhalten, ohne es zu hinterfragen, weitertrugen. Veränderung ist möglich, aber sie erfordert Zeit, Einsicht und die Bereitschaft, eigene Schwächen zu erkennen.
Lernen, anders zu führen
Unternehmen wie SAP haben gezeigt, wie gezieltes Feedback und systematische Schulungen den Wandel unterstützen können. Führungskräfte werden dazu ermutigt, sich kritisch mit ihrem eigenen Führungsverhalten auseinanderzusetzen und bewusst neue Ansätze zu erlernen. Das Ziel: Multipliers zu werden, die nicht nur selbst exzellente Arbeit leisten, sondern auch das Potenzial ihres Teams freisetzen.
Während des Nordic Business Forums in Helsinki sprach Liz Wiseman ausführlich über diese Konzepte. Sie betonte, wie entscheidend es ist, früh in der Karriere gute Vorbilder zu haben. Doch auch diejenigen, die nur Diminisher erlebt haben, können lernen, anders zu führen – wenn sie den Mut haben, sich selbst zu hinterfragen und das Beste in anderen zu sehen.
Fotoquelle: Sami Tuoriniemi / Nordic Business Forum