Tom Middendorp

Tom Middendorp: Welche Rolle spielt der Klimawandel bei internationalen Konflikten?

Wenn das Klima zum Feind wird

In den Augen von Tom Middendorp, dem ehemaligen Befehlshaber der niederländischen Streitkräfte und heutigen Chairman des International Military Council on Climate and Security, gleicht der Klimawandel einem unsichtbaren, aber mächtigen Gegner. Ein Gegner, der nicht nur die Umwelt verändert, sondern auch geopolitische Dynamiken verschiebt und Konflikte weltweit verschärft. „Klimatische Veränderungen sind längst ein Katalysator für Gewalt und Instabilität“, erklärt Middendorp, der als einer der ersten hochrangigen Militärs öffentlich auf die sicherheitspolitischen Gefahren des Klimawandels hingewiesen hat.

Viele Länder stehen noch am Anfang des Verständnisses, dass Klimafaktoren in die Sicherheitsstrategie integriert werden müssen.

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Seine Einsichten basieren auf jahrelanger Erfahrung in Krisengebieten, unter anderem auch in Afghanistan. „Es ist nicht immer der Feind, der Konflikte anheizt“, erzählt er. „Oft sind es Ressourcenknappheit und klimatische Extreme, die Spannungen zwischen Gemeinschaften befeuern und radikale Gruppen wie die Taliban oder Daesh in die Lage versetzen, diese zu ihrem Vorteil zu nutzen.“ Schon früh erkannte er, dass die Ursachen für lokale Konflikte immer häufiger mit Umweltfaktoren zusammenhängen. Wasserknappheit, unfruchtbare Böden und die schwindende Lebensgrundlage in von Dürre geplagten Regionen sind nur einige der Faktoren, die die Konfliktdynamiken in Krisenregionen massiv beeinflussen.

Globale Risiken durch Ressourcenkonflikte

Diese lokal begrenzten Phänomene haben auch globale Implikationen. Der Klimawandel verschärft bestehende Spannungen, sei es durch extreme Wetterbedingungen, die Nahrungsmittelproduktion und Wasserressourcen beeinträchtigen, oder durch die Zunahme von Migrationsströmen. „Wenn die Weltbevölkerung wächst und gleichzeitig die Ressourcen knapper werden, entstehen unweigerlich Konflikte“, betont Middendorp. „Historisch gesehen hat Mangel immer zu Gewalt geführt.“ Angesichts der zunehmenden Herausforderungen durch den Klimawandel und einer wachsenden globalen Bevölkerung steht die Welt an der Schwelle zu noch größeren geopolitischen Verwerfungen.

Viele der heutigen Krisenregionen liegen in Gebieten, die besonders stark vom Klimawandel betroffen sind. Staaten wie Mali oder der Irak erleben, wie klimatische Veränderungen lokale Spannungen verstärken und so einen Nährboden für Extremismus und Gewalt bieten. Doch Middendorp sieht hier auch eine Möglichkeit zur Prävention: „Wenn wir diese Regionen dabei unterstützen, widerstandsfähiger gegenüber einem sich verändernden Klima zu werden, können wir verhindern, dass die Spannungen weiter eskalieren.“ Militärische Operationen könnten eine Rolle bei der Stabilisierung spielen, indem sie Menschen in betroffenen Gebieten helfen, sich an die neuen klimatischen Realitäten anzupassen.

Innovationen und internationale Zusammenarbeit

Ein weiteres großes Problem, das Middendorp anspricht, ist die Fragmentierung der internationalen Zusammenarbeit. Angesichts wachsender geopolitischer Spannungen und eines zunehmend wettbewerbsorientierten Weltbildes haben multilaterale Institutionen wie die Vereinten Nationen (UN) Schwierigkeiten, eine gemeinsame Antwort auf den Klimawandel zu finden. „Die Mechanismen der UN beruhen auf Konsens“, sagt Middendorp. „Aber in einer fragmentierten Welt wird Konsens immer schwieriger.“ Hier sieht er neue Ansätze gefordert, um Länder und Expertengruppen zusammenzubringen, die jenseits politischer Spannungen an gemeinsamen Lösungen arbeiten.

Die Konkurrenz um knappe Ressourcen wird weltweit zunehmen, und der Klimawandel wird diese Konflikte weiter verschärfen.

Tom Middendorp

Abschließend plädiert Middendorp dafür, militärische Technologien nicht nur für den Kriegseinsatz zu nutzen, sondern auch für den Kampf gegen die Klimakrise. „Technologien, die das Militär nutzt, könnten bei der Bekämpfung von Waldbränden, bei der Vorhersage von Dürreperioden oder der Sicherung von Wasserressourcen eine große Rolle spielen“, meint er. Der Einsatz von innovativen Technologien, die sowohl die Klimarisiken verringern als auch die lokale Bevölkerung stärken, sei ein Schlüssel für zukünftige militärische Strategien.

Im Rahmen der DLD Nature Konferenz in München teilte Tom Middendorp diese Einsichten und warnte eindringlich vor den sicherheitspolitischen Gefahren des Klimawandels. „Wir stehen erst am Anfang eines gefährlichen Weges“, betont er. „Wenn wir nicht bald handeln, werden wir die globalen Folgen zu spüren bekommen.“ Ein deutlicher Appell, den Klimawandel nicht nur als Umweltfrage zu betrachten, sondern als zentrale Herausforderung der internationalen Sicherheit.

Fotoquelle: Dominik Gigler for DLD / Hubert Burda

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