Ekkehard Bay

Ekkehard Bay über Cocktails, Barkultur und Konvivialität

Zwischen Begegnung und Gemeinschaft

Bars sind mehr als nur Orte zum Trinken. Sie sind soziale Bühnen, Kontaktzonen, Erinnerungsmaschinen. In einer Zeit, in der sich viele Begegnungen in digitale Räume verlagert haben, erleben analoge Räume wie Bars eine stille Renaissance. Kaum in einer anderen Stadt zeigt sich das so eindrucksvoll wie in München. Die Stadt, oft unterschätzt im Hinblick auf nächtliche Subkultur, war schon immer ein Zentrum der anspruchsvollen Barkultur und hat sich in dieser Hinsicht besonders in den letzten Jahren beeindruckend weiterentwickelt – vielfältig, kreativ, tief vernetzt.

Einer, der diese Entwicklung nicht nur beobachtet, sondern aktiv mitgestaltet, ist Ekkehard Bay. Barkeeper, Gastgeber, Gründer. Und ein Mann, der für seinen Beruf brennt. „Ich bin verliebt“, sagt er über das, was er tut. Bay arbeitet nicht nur in einer der renommiertesten Bars der Stadt, die Ory Bar im Mandarin Oriental, sondern hat mit dem Cocktail X Festival ein Format geschaffen, das Münchens Barkultur auf eine neue Stufe hebt: sichtbar, zugänglich, lebendig.

München mixt anders

Die Vielfalt der Münchner Bars ist kein Zufall, sondern das Ergebnis eines Miteinanders. In kaum einer anderen Stadt gibt es so viele Orte, die das Prinzip der Gastfreundschaft neu interpretieren – mal klassisch, mal verspielt, mal experimentell. Von Hotelbars mit Goldrand-Gläsern bis zu kreativen Kollektiven in versteckten Hinterhöfen reicht das Spektrum. Und oft steht dahinter eine klare Haltung.

Ich bin verliebt. So schön ist dieser Beruf.

Ekkehard Bay

„Wir müssen nicht nur unser Produkt, den Cocktail, gut machen“, sagt Bay. „Sondern eine Atmosphäre schaffen, in der Begegnung möglich ist.“ Diese Haltung prägt nicht nur das Team in der Ory Bar, das er eher wie ein Ensemble denn wie eine Schichtbesetzung versteht – mit Persönlichkeiten, die sich ergänzen und dem Gast auf Augenhöhe begegnen –, sie zieht sich durch viele Bars der Stadt.

Dazu kommt: München hat eine ungewöhnlich enge, fast familiäre Barkommunity. Man kennt sich, man unterstützt sich. Die Pandemie habe gezeigt, sagt Bay, „dass wir nicht auf Hilfe von außen warten konnten – also haben wir enger zusammengearbeitet. Und daraus ist etwas gewachsen.“

Ein Festival als Plattform

Ein zentrales Element dieser Bewegung ist das Cocktail X Festival, das inzwischen fest im Münchner Veranstaltungskalender verankert ist. Ursprünglich inspiriert von der London Cocktail Week, entwickelte sich daraus ein Format, das auf Wissensvermittlung, Transparenz und Gemeinschaft setzt – jenseits des klassischen Festivalgedankens. Statt bloßer Rabattschlacht setzt Cocktail X auf ein Panini-artiges Sammelbuch, auf Vorträge, auf interdisziplinäre Speaker – vom Champions-League-Schiedsrichter bis zum Astrophysiker.

Ich wollte ein Festival schaffen, das Barkultur erklärt, inspiriert und für alle zugänglich macht.

Ekkehard Bay

„Ich wollte zeigen, wie spannend unser Beruf sein kann – für den Gast und für die Leute hinter der Bar“, sagt Ekkehard Bay. Sein Ansatz: Die wachsende Komplexität der Barkunst sichtbar und verstehbar zu machen. „In den letzten 15 Jahren hat sich hinter dem Tresen viel getan. Der Gast hat das aber oft noch nicht mitbekommen. Das wollen wir ändern.“

Das Festival, das in diesem Jahr bereits über 45 Bars umfasst, ist nicht nur eine Feier der Vielfalt, sondern auch ein Plädoyer für Austausch, Vernetzung und Respekt. Dass dabei auch ältere Menschen mitmachen, die „seit 80 Jahren in München wohnen und ihre Stadt durch das Festival neu entdecken“, ist für Bay kein Zufall, sondern ein Beweis dafür, wie niedrigschwellig Barkultur sein kann – wenn sie richtig erzählt wird. Was bleibt, ist der Eindruck: Barkultur ist dann relevant, wenn sie nicht nur bedient, sondern verbindet.

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