Seit einigen Wochen bin ich nun wieder in Deutschland – diesem grauen, tristen, unentspannten Deutschland. Und auch wenn es sich jetzt danach anhört, ich will gar nicht über Deutschland meckern. Ich lebe sehr gerne hier und habe diesem Land äußerst viel zu verdanken. Das dumpfe Rumhacken auf der Bundesrepublik und die Heraufbeschwörung des Untergangs des christlichen Abendlandes (was immer das auch sein soll) überlasse ich den rechten Dumpfbacken und Schreihälsen. Die liegen damit zwar falsch, aber es ist ja schließlich ihr einziger Zeitvertreib.
Nein, mir geht es um etwas völlig anderes, denn seit meiner letzten Reise hat sich etwas verändert. Etwas Grundlegendes. Auf den ersten Blick ist das jedoch kaum nachzuvollziehen, denn immerhin war ich nur auf einer weiteren Konferenz. Von denen gibt es schließlich unzählige – mal gute, mal schlechte, mal langweilige, mal inspirierende. Doch dieses Mal sollte es nicht so werden wie sonst. Denn dieses Mal war ich auf der SXSW in Austin, Texas. Eine Premiere für mich. Was folgt, ist eine Liebeserklärung.
Hochkarätige Speaker geben sich die Klinke in die Hand
Um zu verstehen, was die SXSW so besonders macht, muss man wissen, dass dort drei Festivals quasi zur gleichen Zeit ablaufen. Es gibt einen Interactive Part mit allerhand Keynotes, Vorträgen, Panel-Diskussionen und einer großen Ausstellungshalle. Dieser Part ist am ehesten mit einer normalen Konferenz vergleichbar, allerdings mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass das Lineup jedes Jahr aufs Neue beispiellos ist. Zu den bekanntesten Gesichtern gehörten 2018 unter anderem Elon Musk, Bernie Sanders, Melinda Gates, Steve Huffman und Michael Dell. Doch das war nur ein Bruchteil der spannenden und inspirierenden Speaker vor Ort. Wer alle interessanten Vorträge mitnehmen wollte, musste sich entweder klonen oder wahlweise die Aufzeichnungen auf YouTube ansehen.
Neue Lieblingsband entdeckt – per Zufall
Darüber hinaus sind wie erwähnt auch ein Film- und Musikfestival Teil der SXSW. Beim Filmfest läuft es dabei ähnlich ab wie beim Interactive Teil. Vieles was in Hollywood Rang und Namen hat versammelt sich in Austin, führt die neusten Filme vor, stellt sich den Fragen der Zuschauer und den Linsen der Fotografen. Es gibt unzählige Premieren und Erstaufführungen in Austin, sei es von großen Blockbustern oder kleinen Indie- und Dokumentarfilmen.
Das Musikfestival geht indes einen leicht anderen Weg. Zwar laufen hie und da auch bekannte Größen der Szene durch die Straßen oder geben Konzerte. Der Fokus liegt aber eher auf unbekannten, kleineren Bands und Künstlern. So ist der Musikteil der SXSW der ideale Ort um neue Bands zu entdecken und Konzerte zu besuchen von denen man ansonsten wahrscheinlich nicht mal gehört hätte. Hinzukommt, dass viele Musiker auch in den unzähligen Bars der Stadt spielen und man eine Vielzahl toller Auftritte beinahe schon per Zufall erlebt, bloß weil man sich einen Drink genehmigt.
Eine Stadt, 1000 Geschichten
Das alles findet innerhalb zehn verrückter Tage in nur einer einzigen Stadt statt. Wo sonst kann man sich innerhalb eines Radius von wenigen hundert Metern spannende Vorträge anhören, danach eine Filmpremiere wahrnehmen und anschließend noch ein paar Konzerte besuchen? Und wo kann man das zehn Tage hintereinander machen? Hinzukommen die unzähligen, von Firmen gemieteten, Häuser, Bars und Locations, in denen auch täglich etwas geboten wird. Etwa ein vollfunktionsfähiges Google Smarthome, eine waschechte Westworld-Experience oder eine Party von Bumble mit Konzert der Band Haim.
Aber es ist nicht nur das unvergleichliche, an Highlights nicht zu überbietende, Programm der SXSW mit den zahllosen Side-Events, dass diese Konferenz zu etwas so Außergewöhnlichem macht, es ist das Flair, der Vibe der währenddessen in Austin herrscht. So esoterisch das jetzt klingen mag, so unironisch ist es gemeint. Nahezu 100.000 Besucher zählte die SXSW 2018. Das sind beinahe 100.000 Leute die sich in einer Stadt versammeln um entweder Keynotes zu lauschen, Filme zu sehen, neue Musik zu entdecken, oder alles zusammen. Dadurch herrscht eine unbeschreibliche Energie in der Stadt. Diese Energie ist unfassbar mitreißend und inspirierend, führt zu spannenden Gesprächen mit fremden Menschen, völlig neuen Erfahrungen und gänzlich unvergesslichen Erlebnissen.
Wiedersehen macht Freude
Vielleicht ist es jetzt etwas verständlicher, warum die SXSW einen so bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat. Vielleicht trieft dieser Text aber auch nur so vor Schmalz und Lobhudelei, dass ihn niemand zu Ende gelesen hat. Wer weiß? Feststeht, die SXSW und Austin haben es mir angetan. Feststeht auch, dass ich mitunter in wehmütige Tagträume verfalle und mich an diesen sonnigen, pulsierenden und vor Barbecue-Fett triefenden Ort zurücksehne. Zum Glück findet die SXSW jährlich statt, sodass ich das alles auch 2019 wieder erleben kann. Denn ich werde auch jeden Fall wieder hinreisen, das steht fest.
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