Wang Yi, Außenminister der Volksrepublik China, nutzte die Bühne der Münchner Sicherheitskonferenz, um Pekings Vision einer neuen Weltordnung zu präsentieren. Seine zentrale These: Die Welt bewege sich unaufhaltsam in Richtung einer multipolaren Ordnung, in der nicht eine einzige Macht dominiert, sondern mehrere Akteure gleichberechtigt agieren. China wolle in dieser Ordnung eine „Kraft der Stabilität“ sein und eine Welt fördern, in der alle Staaten gleichberechtigt sind.
Dabei sprach Wang Yi explizit die wachsende Rolle der Länder des Globalen Südens an und lobte die Münchner Sicherheitskonferenz dafür, mehr Teilnehmer aus diesen Staaten einzubeziehen. „Jedes Land sollte seine Stimme erheben und seinen Platz in der multipolaren Welt finden“, betonte er. Multipolarität, so Wang, dürfe nicht zu Chaos oder Konfrontation führen, sondern müsse sich an klaren Prinzipien wie Gleichberechtigung und Respekt für internationale Regeln orientieren.
Recht und Ordnung nach chinesischem Maßstab
Eine stabile Weltordnung, argumentierte Wang Yi, könne nur durch die konsequente Einhaltung internationaler Regeln erreicht werden. Dabei verwies er auf die Charta der Vereinten Nationen als grundlegendes Dokument für das Miteinander der Staaten. Gleichwohl übte er scharfe Kritik an denjenigen, die sich über internationales Recht hinwegsetzten und eine „Macht des Stärkeren“ praktizierten. Dabei zielte er indirekt auf den Westen und dessen Sanktionspolitik, ohne konkrete Länder zu nennen.
Wang betonte Chinas Einsatz für Multilateralismus und die Notwendigkeit, dass große Staaten eine Vorbildfunktion übernehmen müssten. Die Volksrepublik sei Mitglied in fast allen internationalen Organisationen und Unterzeichner von über 600 internationalen Verträgen – ein Beweis für ihre Verlässlichkeit als globaler Akteur. Doch ließ er keinen Zweifel daran, dass China darunter auch die Akzeptanz seiner territorialen Ansprüche verstehe. Die Weltgemeinschaft müsse, so Wang Yi, auch Chinas „komplette Wiedervereinigung“ unterstützen – ein klarer Hinweis auf Pekings Haltung zu Taiwan.
Handel, Wachstum und Chinas globale Rolle
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Offenheit waren ein weiterer zentraler Punkt in Wangs Rede. Er kritisierte Protektionismus und Handelskriege, die seiner Meinung nach weder Gewinner noch Verlierer hätten, sondern alle Beteiligten schädigten. Die Welt brauche offenen Handel und gemeinsamen Wohlstand, betonte er – eine Anspielung auf Chinas wirtschaftliche Kooperationen, insbesondere im Rahmen der Belt and Road Initiative.
Peking positioniert sich als wirtschaftlicher Motor der multipolaren Welt. Chinas Wirtschaftswachstum von fünf Prozent im vergangenen Jahr habe fast 30 Prozent zum globalen Wachstum beigetragen, hob Wang hervor. Gerade gegenüber Europa bot er eine engere Kooperation an und sprach sich dafür aus, Pekings Belt and Road Initiative mit der EU-Strategie Global Gateway zu verknüpfen. Sein Fazit: China sei kein Rivale Europas, sondern ein Partner auf dem Weg zu einer neuen Weltordnung.
Die Münchner Sicherheitskonferenz zeigte damit ein weiteres Mal, dass China nicht nur mit wirtschaftlicher, sondern auch mit diplomatischer Selbstsicherheit auftritt. Wang Yis Rede war eine strategische Botschaft: Peking sieht sich als gleichberechtigter globaler Akteur und fordert vom Westen, dies anzuerkennen. Ob Europa und die USA auf diesen Anspruch eingehen, bleibt abzuwarten.
Fotoquelle: MSC/Daniel Kopatsch